04.03.2019

Wir haben ca. 15 – 20 cm Schnee. Morgens um kurz nach 3 fährt das erste Räumfahrzeug am Haus vorbei. Ich wünsche mir unsere schallisolierten und doppeltverglasten Fenster hier her.

Um 5 klingelt Pias Handy. Der Novartis Campus öffnet heute später. Sie entscheidet von zu Hause aus zu arbeiten. Da jetzt ständig ein Räumfahrzeug hin und her fährt, ist an schlafen nicht mehr zu denken. Als am gegenüberliegenden Gebäude ein Pickup eintrifft, der während jeder Rückwärtsfahrt einen Warnton von sich gibt, ist die Nacht endgültig vorbei.

Heute ist mein erster Schultag. Ich bin pünktlich dort, die Lehrer allerdings nicht. Mein oral test ist einfach ein Gespräch mit einer Lehrerin. Sie will einige Infos von mir und ich sage ihr, was für Erwartungen ich an die ganze Sache habe. Sie bescheinigt mir ein sehr gutes Englisch und ich solle nicht so streng zu mir selbst sein. Sie meint, vieles erreicht man durch learning by doing. Danach entscheide ich mich für die grammar class und darf gleich am Unterricht teilnehmen. Läuft eigentlich ganz gut. Erst am Schluss, als wir eine Art Test auf Zeit machen, wird es knifflig. Unter Zeitdruck läuft es nicht mehr so flüssig. Mal schauen wie es weiter geht.

Da ich durch den Anruf hellwach war, bin ich vor Marc aufgestanden, um ihm eine Schultüte zu basteln 😊. Pierre hat mich auf die Idee gebracht, danke. Und ich fand das sehr angemessen.

Als ich heute Morgen meine Word-Datei der SOP aufgemacht habe, sah ich, dass meine ca. 3 stündige Arbeit vom Freitag für den Arsch war. Die ganze Formatierung ist weg. Könnt heulen oder mich aufregen, beschliesse aber, dass ich ruhig bleibe und einfach wieder von vorne anfange.

Um halb fünf machen wir uns auf den Weg nach Brooklyn. Wir haben Karten für das Spiel der Nets gegen die Dallas Mavericks. Unser Weg führt uns ein Stück durch Manhatten. Hätten wir auch nie gedacht, dass wir mal mit dem Auto durch New York fahren. Nach knapp einer Stunde sind wir in der Tiefgarage, gegenüber der Halle, angekommen. Es ist 17.28 Uhr und unser vorgebuchtes Ticket gilt erst ab 17.30 Uhr. Deswegen müssen wir ein Ticket an der Einfahrt ziehen, einmal durch das Parkhaus und, immerhin ohne Bezahlung, wieder raus. An der Ausfahrt drehen wir um und fahren wieder rein. Die Kontrolleurin, die uns wegen 2 Minuten wieder rausgeschickt hat, nimmt unser vorgebuchtes Ticket zur Ansicht, zieht ein Ticket aus dem Automat, schreibt etwas drauf und gibt uns beides zurück. Keine Ahnung, warum das nicht schon vorher so gegangen ist aber ich habe mir abgewöhnt manche Sachen ernsthaft zu hinterfragen.

Vor der Halle müssen wir noch warten, Einlass ist erst ab 18 Uhr. Endlich im Barclays Center, holen wir uns was zu Essen. Wir nehmen beide jeweils ein Brötchen mit 3 Hackfleischbällchen in Tomatensauce, bestreut mit Parmesan und eine Dose Corona (473 ml) für, ACHTUNG… 56 $!!!! Abartig….

Das Spiel der Mavericks ist auch abartig, abartig schlecht! Sie verlieren mit 39 Punkten Unterschied. Trotz allem ist Dirk Novitzki der Held des Abends. Schon bei der Mannschaftsvorstellung bekommt er eine extra Vorstellung und den meisten Applaus aller Spieler. Nichtmal ein Nets Spieler kann das toppen. Obwohl er so schlecht wie das Team spielt, steht die gesamte Halle auf, als er ein paar Minuten vor Schluss nochmal auf das Feld kommt. Bei jedem Mavericks Angriff fordern die Zuschauer, dass der Ball zu Novitzki kommt. Wenn ein anderer Spieler auf den Korb wirft, wird er gnadenlos ausgebuht. Als endlich der erste Korb von Novitzki fällt, tobt die Halle. WAHNSINN!!

Wenn du als ausländischer Spieler, in fremder Halle, so gefeiert wirst, hast du alles richtig gemacht.

Mein erster Schultag

Brötchen je 13 $ , Corona je 15 $

05.03.2019

Pia ist heute Morgen zum ersten Mal selbst zur Arbeit gefahren. Anscheinend ist sie gut angekommen, ich habe jedenfalls nichts anderes gehört.

Gestern waren wir im Englischkurs zu dritt. Heute sind wir ein paar mehr, nämlich 10 im Klassenzimmer und eine Frau ist online zugeschaltet. Am Tisch neben mir sitzt Maria. Sie ist Spanierin, wurde aber in Frankfurt geboren und spricht gut Deutsch. Der Unterricht startet um 8 Uhr, da sind allerdings noch nicht alle da. Wir fangen um 8 Uhr zu viert an und um 8.30 Uhr trudelt dann der Letzte ein. Der Lehrer nimmt es gelassen, scheint wohl normal zu sein.

Ich mache heute 3 Prüfungsbögen für den Führerschein, alle bestanden. So kann es weitergehen.

Wie Marc gut erkannt hat, bin ich erfolgreich im Geschäft angekommen. Wer mich kennt, der weiss, dass ich 0,0 Orientierungssinn habe und das deshalb nicht selbstverständlich ist. Der Heimweg war dann schon nicht mehr so grossartig. Nein, eigentlich nur der Weg zum Auto, da hab ich mich doch glatt verlaufen.

06.03.2019

Ich bin zum dritten Mal hintereinander der Erste im Klassenzimmer, abgesehen von unserem Lehrer, Jose. Ich kann mit hundertprozentiger Sicherheit behaupten, das ist mir früher nie passiert. Um zehn nach acht kommt Maria und unsere Onlinestudentin schaltet sich zu. Wir beginnen den Unterricht zu dritt und bis halb neun sind wir sieben. Zwei verlassen uns aber nach 10 Minuten wieder. Die gehören gar nicht zu uns, ihre Lehrerin ist jetzt erst gekommen. Irgendwie blicke ich hier nicht durch. Was solls, Jose kennt jedenfalls von jedem Schüler den Namen, bei der Fluktuation auch eine Leistung.

Wieder zurück, mache ich mich fertig für meinen sportlichen Teil des Tages. Kurz bevor ich los will kommt unsere Putzfrau. Sie will nur schnell die Bettwäsche und die Handtücher waschen und kommt in einer Stunde nochmal. Nach knapp 1 ½ Std. bin ich zurück, aber sie war noch nicht wieder da. Damit ich ihr nicht im Weg rumstehe oder sitze, latsche ich zu Staples um für Pia und mich einen Bleistift zu kaufen. Wieder zurück, ist sie da aber noch nicht fertig. Sie meint, noch eine halbe Stunde. Ich gehe in den Gemeinschaftsraum und spiele Billard. Was für ein Stress. Nach einer ¾ Std versuche ich es nochmal und siehe da, sie ist gerade in den letzten Zügen. Nicht schlecht, Bettwäsche und Handtücher sind gewaschen, das Bett ist frisch bezogen, alles abgestaubt, gesaugt, nass aufgewischt, Bad und Küche geputzt und sogar den Geschirrspüler hat sie ausgeräumt. Eigentlich könnte sie jeden Mittwoch anstatt nur jeden Zweiten kommen.

Heute war ich hin und zurück nicht auf dem Holzweg. Endlich hat das mit der Kontoverbindung bei Crown hingehauen, die Spesenabrechnung wurde genehmigt, mal schauen, wie lange es geht, bis das Geld auf dem Konto ist. Mit Berlitz habe ich auch noch ein Onlineorientierungsgespräch gehabt, bei mir fängt der Englischkurs nächste Woche an.

07.03.2019

Heute endet meine erste Woche in der Schule und wieder Erster. In meiner Klasse gibt es wenig Schüler, die konstant anwesend sind. Warum das so ist, keine Ahnung. Der Unterricht ist jetzt nicht sooo schlecht aber auch nicht der Brüller. Ok, bei 10 $/Stunde kann man auch nicht die höchsten Ansprüche stellen. Das Interessanteste, das ich heute lerne, ist die Tatsache, dass es in New Jersey Schwarzbären gibt. Das ist ja supi, dann sehen wir hoffentlich endlich mal unseren ersten Bären in den USA.

Meine sportlichen Betätigungen muss ich bis Montag unterbrechen. Ich habe brutale Muskelschmerzen im Rücken, den Armen, den Beinen, also eigentlich fast überall. Voltaren und ein paar Massagen sollten da helfen. Voltaren ist nicht das Problem, mal schauen was Pia zum Massieren sagt.

Heute habe ich mit noch 6 anderen Ausländern (Europäer) den Cross Culture Day. Wie sollen lernen, wie die Amerikaner so ticken und wie es hier so zu und her geht und was es zu sehen und zu tun gibt.

Wir haben uns alle nicht allzu viel unter dem Tag vorgestellt. Wurden aber echt eines bessern belehrt. Es war sehr interessant und ich habe doch noch neues über die Bewohner meiner neuen Heimat gelernt. Es ist ganz schön kompliziert und verzwickt, wenn man alles richtig machen soll. 3 beeindruckende Beispiele:

1. Wenn man sich begegnet lautet die Begrüssung etwa so: Good morning, how are you? Hier drauf will absolut keiner hören, wie es uns wirklich geht. Ein „Morning, good and you?“ im vorbeigehen reicht.

2. Angenommen man steht zusammen wartend vor dem Lift, der Andere sagt dann auch noch: Lass uns mal zusammen Mittagessen gehen. DAS IST NICHT ERNST GEMEINT!! Einer aus dem Kurs hat uns erzählt, dass ihm das schon mehrfach passiert ist und er hat dann auch jedes Mal gleich eine Einladung per E-Mail geschickt, damit das nicht vergessen geht. Die Kursleiterin war so schockiert und konnte sich gar nicht mehr einkriegen….Wir haben alle so gelacht.

3. Wenn man zum Abendessen eingeladen wird, muss man auf jeden Fall was mitbringen, auch wenn die Gastgeberin sagt, dass man nichts mitbringen soll! Am Besten den Wein zum Essen oder ein Dessert. Und man bleibt höchstens noch 45 Minuten dort, nachdem das Dessert gegessen wurde. Wir waren doch alle sehr verwirrt hinterher.

Erfahren haben wir ausserdem auch, dass es hier Schwarzbären in der Umgebung gibt.

08.03.2019

Nachdem ich Pia bei Novartis abgesetzt habe, fahre ich zum Walmart um den ersten Teil unseres Wochenendeinkaufes zu erledigen.

Im Laufe des Vormittags bringe ich noch ein paar Prüfungsbögen für den Führerschein hinter mich.

Um 15 Uhr kann ich Pia wieder holen und davor erledige ich bei Aldi den zweiten Teil unseres Einkaufes.

Wir müssen noch zur Bank of America, von der wir beide ein Formular erhalten haben, das wir vervollständigen sollen und wieder zurückschicken. Da wir nicht wissen, was die genau von uns wollen, gehen wir direkt zu unserer Bankberaterin. Es stellt sich raus, dass wir nur unsere Passnummern eintragen müssen. Das hätte man ja dann auch so schreiben können!!

Pia hat einem Arbeitskollegen versprochen, ihm eine Flasche Tannenzäpfle mitzubringen. Er hat vier Jahre in Bayern gelebt und steht auf deutsches Bier. Eigentlich mehr auf Weizenbier. Für das Bier müssen wir in den ShopRite und da kaufen wir noch Shampoo, nur für Pia und Duschgel, für mich. Ein Sechserpack Zäpfle für 13,99 $.... bei dem Preis müssen wir das Bier mit Verstand trinken. Verdammt, auch das noch!

Heute habe ich mal einen Entwurf meiner SOP Scott geben. Er soll sie doch mal anschauen, ob ich auf dem richtigen Weg damit bin.

Jetzt fällt mir doch noch was von unserem gestrigen Training ein. Man soll einem Mitarbeiter nicht direkt einen Fehler vor Augen führen, sondern ihn schön verpackt, indirekt darauf hinweisen. Ebenso ist das bei Anweisungen an Mitarbeiter. Diese werden anscheinend eher indirekt an den Auftragsempfänger weitergegeben oder in eine Frage verpackt. Wenn es heisst, du könntest das so und so machen, dann bedeutet es eigentlich, du sollst das so und so machen. Rückblickend auf einige Gespräche mit Scott, ging es zum Teil nicht darum, das ich entscheide, etwas so und so zu machen, sondern ich muss das so und so machen!!!!!!

Da soll noch einer durchblicken. Auf jeden Fall ist wieder mehr Licht im Dunkeln und meine Aufgabe ein Stück klarer.

09.03.2019

Nach dem Frühstück machen wir uns auf ins Städtle, vorher muss ich mich noch schnell rasieren. Ich entscheide mich den Bart abzurasieren. Habe ich vor längerer Zeit das letzte Mal gemacht, sah beschissen aus. Nach einem Blick in den Spiegel stelle ich fest, sieht immer noch beschissen aus. Wächst ja wieder… hoffentlich!

Heute ist hier St. Patricks Parade, Startzeit 12 Uhr. Um kurz nach 11 Uhr sind wir an der Umzugsstrecke. Eigentlich hatten wir vor, an irgendwelchen Ständen was zu essen und ein Bierchen zu trinken. Es gibt nicht irgendwelche Stände, es gibt gar keine Stände. Essen und Trinken gibt es nur in den Restaurants und Kneipen an der Strasse. Die Läden sind alle überfüllt, somit verfolgen wir die Parade mit trockener Kehle.

Immerhin scheint die Sonne endlich mal wieder. Es ist unsere erste St. Patricks Parade aber je länger sie dauert, je mehr könnte man den Eindruck gewinnen, Firmen nutzen das Ereignis um einfach Werbung zu machen. Es sind viele Dudelsackgruppen dabei, meist sind das Musikgruppen von Feuerwehren oder der Polizei. Irische Tanzgruppen oder irisch-amerikanische Freundschaftsvereinigungen, verschiedene Schulen, Pfadfinder, Veteranengruppen aus verschiedenen Kriegen, Restaurants, Versicherungen, Autohändler, eine Klinik usw.

Während wir uns den Umzug anschauen, überlegen wir uns, dass das auch was für die Isteiner Fasnacht wäre. Man stelle sich mal vor, es würde zum Beispiel Ernst+König mit ein paar Ford oder Ott mit einigen VW/Audi, die Metzgerei Stange, die Bergwacht, der Kindergarten, Lhoist, die verschiedenen Weingüter, die Grundschule, der Sternen, die Kirchengemeinden, um nur einige zu nennen, am Sonntagsumzug mitlaufen. Das wäre geradezu revolutionär…. oder so.

Nach der Parade laufen wir zurück, holen Bier aus dem Kühlschrank und gehen zum ersten Mal auf unsere Dachterrasse. Nach einer ¾ Std. auf dem Dach, drehen wir noch eine Runde durch die Stadt. Es sind viele Leute, vor allem junge, unterwegs. Teilweise ganz schön besoffen. Was die Frage aufwirft, wie wird man so voll, wenn es auf der Strasse nichts zu trinken gibt. Vor den Pubs stehen lange Schlangen und auch immer eine Gruppe Polizisten. New Jersey hat eine sehr strenge Gesetzgebung was Alkohol angeht. Für den Verkauf benötigt man eine sehr teure Lizenz und der Konsum ist in der Öffentlichkeit strikt verboten, nicht mal die vielerorts bekannte braune Tüte hilft da weiter.

Kaum ist die Sonne richtig da, habe ich einen Sonnenbrand auf dem Hirn, ja prima!

10.03.2019

Wir stehen verhältnimässig spät auf, gegen 8.30 Uhr. Meine Uhr zeigt halb neun, die von Pia halb acht, so ein Scheiss. Heute Nacht wurde die Uhr eine Stunde vor gestellt, Sommerzeit! So schön das Wetter gestern war, so beschissen ist es heute. Grau, trüb und verregnet. Wir sortieren und kontrollieren unsere Kreditkartenbelege, was in den USA, nach einigen Wochen, eine Herausforderung darstellt. Im Anschluss spielen wir Yahtzee (oder auch Kniffel). Pia übt noch etwas für den Führerschein und ich schaue Fussball. Schwupp di Wupp, der Sonntag ist vorbei.